🐾 „Sitz“ & „Platz“ – Grundlagen für Hunde jeden Alters
Verhalten durch Konsequenz formen – Operante Lerntheorie im Hundetraining
🔍 Was bedeutet operantes Lernen?
Die operante Lerntheorie (nach B.F. Skinner) beschreibt, wie Verhalten durch seine Folgen beeinflusst wird:
Verhalten, das sich lohnt, wird häufiger gezeigt. Verhalten, das sich nicht lohnt, wird seltener.
Vier zentrale Lernformen:
- Positive Verstärkung: Belohnung → Verhalten tritt häufiger auf
- Negative Verstärkung: Unangenehmes verschwindet → Verhalten wird gestärkt
- Positive Strafe: Unangenehmes folgt → Verhalten wird gehemmt
- Negative Strafe: Etwas Schönes fällt weg → Verhalten wird weniger
Im Hundetraining arbeiten wir gezielt mit positiver Verstärkung, um gewünschtes Verhalten aufzubauen. Denn Lernen durch Belohnung ist nicht nur effektiver, sondern auch nachhaltig – und stärkt die Beziehung zwischen Mensch und Hund.
🐶 Warum „Sitz“ & „Platz“ für jeden Hund wichtig sind
Egal ob Welpe, Junghund oder erwachsener Vierbeiner:
Verlässliche Signale wie „Sitz“ oder „Platz“ schaffen Sicherheit und Orientierung – im Alltag, im Training, in Begegnungssituationen oder beim Warten.
Diese Signale lassen sich mit einem klaren Trainingsaufbau stressfrei und positiv etablieren – auch bei Hunden, die neu ins Training einsteigen oder Vorerfahrungen mitbringen.
📝 Zielgerichteter Trainingsaufbau
Jedes Training beginnt mit einer klaren Zielsetzung:
- Was genau soll mein Hund tun?
- Warum ist dieses Verhalten im Alltag hilfreich?
- Wie schnell, wie lange und unter welchen Bedingungen soll mein Hund das Verhalten zeigen?
Beispiel: Ein Sitz auf kurze Distanz an der Haustür erfordert andere Vorbereitung als ein Sitz unter Ablenkung im Park.
🐾 Trainingsablauf mit Lock-Methode – Schritt für Schritt
1. Verhalten anleiten
- Nimm zwei Leckerlis in eine Hand.
- Führe eines davon an die Nase deines Hundes, dann leicht nach oben und hinten.
- Der Hund folgt der Bewegung → setzt sich automatisch.
- Die Hand formt dabei bereits das Sichtzeichen für „Sitz“.
- Sobald der Hund sitzt, bekommt er das Leckerli.
2. Auflösung & Sichtzeichen einführen
- Die Hand verbleibt kurz an der Hundenase.
- Dann formst du mit derselben Hand das Sichtzeichen für die Auflösung (z. B. flache Hand senkrecht nach unten).
- Lock den Hund ruhig aus dem Sitz heraus.
- belohne deinen Hund mit dem zweiten Leckerli
3. Locken abbauen & Belohnung verlagern
- Nach einigen Wiederholungen: Leckerlis sind nicht mehr in der Lock-Hand, sondern in deiner anderen Hand oder in der Tasche.
- Die Bewegung bleibt gleich, aber ohne direkt sichtbare Belohnung.
- Die Belohnung folgt erst nach dem Verhalten.
4. Korrektur beim Sitz – freundlich & lernfördernd
- Wenn dein Hund das gewünschte Verhalten nicht zeigt, ist das kein Problem – sondern ein Lernmoment.
- Voraussetzung: Dein Hund ist motiviert, aufmerksam und möchte das Leckerli haben.
So gehst du vor:
- Sag ruhig „Schade“, wenn der Hund das Sitz nicht zeigt oder vorzeitig aufsteht. (Form der Negativen Strafe)
- Warte danach > 5 Sekunden – diese kurze Pause beugt einer falschen Verhaltenskette vor.
- Dann starte ruhig einen neuen Trainingsversuch.
- Wenn nötig, geh ein, zwei Schritte im Trainingsplan zurück.
- „Schade“ wird so zu einem Feedback – dein Hund lernt, dass sich das Verhalten in diesem Moment nicht gelohnt hat, ohne dass die Stimmung kippt.
So bleibt das Training fair, verständlich und motivierend – auch wenn mal etwas nicht klappt.
5. Sitz-Dauer & Distanz steigern
- Verlängere allmählich die Zeit, die dein Hund im Sitz bleibt.
- Beginne, dich langsam ein bis zwei Schritte zu entfernen.
- Wichtig: Belohnung erfolgt immer am Ort des Verhaltens
6. Hörzeichen einführen
- Sobald dein Hund das Verhalten sicher zeigt: Sag das verbale Signal (z. B. „Sitz“) kurz vor dem Sichtzeichen.
- Verhalten → Lob → Belohnung.
7. Ablenkung und Umgebung variieren
- Übt das Verhalten an verschiedenen Orten, mit Menschen, Geräuschen oder anderen Hunden.
- Beginne mit leichten Ablenkungen, steigere langsam.
8. Verstärkung variieren
- Anfangs: Jede Ausführung belohnen (kontinuierlich).
- Später: variierend belohnen (intermittierend), langsam die Belohnungen ausschleichen, verstärkt das Verhalten und dein Hund führt das Verhalten auch ohne Leckerli aus.
🛑 Wichtige Trainingsprinzipien im Überblick:
- Klarheit: Jedes Signal bedeutet eine eindeutige Handlung.
- Fehlerfreundlichkeit: Unerwünschtes Verhalten wird durch Anpassung des Trainingsplans reduziert.
- Geduld & Wiederholung: Lernen braucht Zeit – beim Hund wie beim Menschen.
⚠️ Häufige Fehlerquellen beim Sitz-Training
Auch beim besten Trainingsplan können sich kleine Fehler einschleichen – hier einige typische Stolpersteine:
- Zu langes Locken: Der Hund verliert das Interesse oder zeigt das Verhalten ohne Locken (Versprechen von Belohnung) nicht.
- Hilfestellungen zu lange beibehalten: So wird die Hilfe zum Signal und dein Hund zeigt das Verhalten ohne sie nicht mehr.
- Unbewusste Hilfen: Kleine Körperbewegungen, Blicke oder ständiges Greifen in die Tasche wirken wie versteckte Signale – oft ohne dass wir es merken.
- Leckerlis in der Lock-Hand: Dein Hund fokussiert sich zu sehr auf die Belohnung statt auf die Aufgabe.
- Hand in der Leckerlitasche: Auch das signalisiert: „Jetzt lohnt es sich, aufmerksam zu sein“ – Ohne Hand in der Tasche macht dein Hund nicht mehr Sitz. - Keine Sorge, du hast Zeit bis du belohnen musst.
- Signal wiederholen: Mehrfaches „Sitz, Sitz, Sitz…“ stumpft das Signal ab. Besser: Einmal sagen, dann Hilfe anbieten – und bei Erfolg belohnen.
👉 Achte auf saubere Ausführung, reduziere Hilfen schrittweise und belohne punktgenau – so wird dein Training klar, effektiv und nachhaltig. Wenn sich Fehler einschleichen, gehe den Trainingsplan zurück, bis es wieder funktioniert.
✅ Fazit
Ob im Alltag oder im fortgeschrittenen Training:
„Sitz“ und „Platz“ sind keine reinen Grundkommandos, sondern ein Einstieg in verlässliches, vertrauensbasiertes Verhalten – aufgebaut mit System, positiver Verstärkung und dem richtigen Maß an Geduld.